Der Kuratoriumsvorsitzende der Europäischen Toleranzgespräche, Hannes Swoboda befürchtet, dass sich die Politik in eine Lage manövriert, aus der sie keinen Ausweg mehr findet. Da sich die ideologischen und religiösen Rahmenbedingungen weitgehend aufgelöst haben, bräuchten wir uns nicht wundern, dass wir heute in eine Gesellschaft des Wahnsinns hineinstolpern, so der ehemalige SPE-Parlamentarier in einer Podiumsdiskussion zum Thema „Welt in Aufruhr – Kleiner Mann, was nun?“ in Wien. Die Veranstaltung kann auf pressetext.tv nachverfolgt werden. „Wenn man es ein wenig historisch betrachtet“, so Swoboda, „dann waren die großen Fortschritte seit der Monarchie immer die Folge intelligenter Verfassungsprozesse. Und dann gab es die jeweiligen Ideologien, die christlich-soziale, eine sozialistische, eine kommunistische – und natürlich immer noch die katholische Religion. Das waren stabile Rahmenbedingungen, die den Menschen die Möglichkeit gegeben haben, im Staat und in der Gesellschaft eine Rolle zu finden – mit der Zeit auch als Wähler, um nach einer gewissen Ideologie zu agieren.“ Wegfall der Ideologien kein Fortschritt Diese Ideologien seien in den vergangenen Jahrzehnten weggefallen, was aber nur vermeintlich ein Fortschritt war. Denn dadurch sei das Chaos gekommen, und erst recht autoritäre Führer, die im Wesentlichen keine wirkliche Ideologie mehr haben. Das gilt für Putin ebenso wie für Trump oder Xi Jinping. Hier gehe es auch gar nicht mehr um den Wettstreit der Ideen oder Vorstellungen von einer Gesellschaft, sondern nur noch um die pure Durchsetzung von Macht mit Gewalt. Das macht auch diese Unsicherheit aus, in der wir heute leben. Der Mensch habe nichts mehr, wo er sich anhalten kann. Swoboda konstatierte, dass die Rahmenbedingungen, unter denen Menschen früher eine Heimat gefunden haben – eine religiöse Heimat, eine politische Heimat oder auch eine nationale Heimat – verlorengegangen sind. Das sei ein Problem, für das er auch keine Antwort habe. „Und dann kommt noch die ganze Digitalisierung dazu, die Social Media mit ihren unterschiedlichsten Meinungen – und da stehen wir vor dem Chaos, oder wie auch immer man es bezeichnen will, wo vielleicht ein bisschen die Literatur, wenn sie gelesen wird, einen Rückhalt geben könnte.“ Weiter auf pressetext. Eine Video-Aufzeichnung der Podiumsrunde ist hier abrufbar.