„Die Corona-Pandemie stellt die Verwundbarkeit des Menschen und unserer Gesellschaft auf brutale Weise bloß und verschärft die bestehenden sozialen Gegensätze radikal“, meint der Psychotherapeut und Autor Wolfgang Martin Roth, der bei den Toleranzgesprächen am 28. Mai an der Diskussionsrunde „Auszug aus der Gemeinschaft: Strategien gegen den Egoismus“ teilnehmen wird. Vorab hat er im pressetext-Gespräch die Folgen des durch das Virus bedingten Auszugs aus der Gemeinschaft in Form von Social Distancing beleuchtet. Jeder Mensch potenzieller Infektionsträger „Social Distancing beeinträchtigt, vor allem in der Gruppe besonders vom Virus gefährdeter Menschen, die gewohnten Strukturen des persönlichen Kontakts und der Begegnung durch Vorsicht, Angst und Misstrauen“, sagt Roth. Wenn andere Menschen vorrangig potenzielle Infektionsüberträger sind, ist die Unbefangenheit und Unbeschwerlichkeit menschlicher Begegnungen infrage gestellt, neue Kontakte zu schließen kaum möglich und bestehende zu pflegen ebenfalls eingeschränkt. „Da wird sich nun zeigen, welche Menschen für uns – und für wen wir – wirklich wichtig sind.“ Da COVID-19 bevorzugt ältere Menschen hart trifft, markiert das Virus diese in ganz neuer Weise als Gruppe und bringt das biologische Lebensalter als Überlebenskriterium ins Bewusstsein. „Die Pandemie stellt die ‚Jugendkultur‘ der Alten, die sich noch jung und fit fühlen, radikal infrage, indem sie uns auf den Biologismus des Menschen zurückwirft“, meint Roth. Generell sind Risikogruppen auch gesellschaftlich stark betroffen. „Sie werden zwar verstärkt geschützt, aber dadurch auch distanziert und entwertet, weil sie aus dem sozialen Begegnungsraum ausgeschlossen werden.“ Weiter auf pressetext.