Drei Jahre saß er in Haft, nur weil er es gewagt hatte, gegen den seit 1982 amtierenden Staatspräsidenten Paul Biya anzutreten. Seit Mai ist er wieder auf freiem Fuß, am Wochenende war er in Österreich, um gegen die korrupte politische Kaste in seinem Land Kamerun zu wettern. Auf die Frage, ob er trotz seiner erschütternden Erlebnisse in Haft wieder in den politischen Ringkampf steigen werden, sagte der große afrikanische Dichter und Bürgerrechtler Enoh Meyomesse (60), die 14 Tage vor der Präsidentenwahl 2018 seien die einzige Zeit, in der man straffrei auf Missstände hinweisen könne. Meyomesse war auf Einladung des „Writers in Prison-Komitees“ im PEN-Club Austria in Wien, Graz und zuletzt im Toleranzzentrum Fresach (Kärnten), um über seine Erlebnisse in Haft zu berichten. Drei Jahre lang musste er mit Ratten, Schaben und anderem Ungeziefer zum Teil in vollständiger Isolation vegetieren, während Mithäftlinge an den Folgen von Folter und schlechter Ernährung starben. Er selbst sei vergiftet worden, weil man ihn weghaben wollte, und bereits im Koma gelegen, bevor ihn Freunde in letzter Minute retten konnten. Afrikanische Gefängnisse seien die Hölle, erklärte Meyomesse. Löwe von Kamerun unbeugsam Zwei Dinge hätten ihn am Leben gehalten, das Schreiben und Nachdenken über mögliche Auswege aus der politischen Krise, und das Engagement des internationalen PEN-Clubs und seiner Mitglieder, von denen er tausende Postkarten und Briefe ins Gefängnis bekommen habe, um durchzuhalten, einige davon auch aus Österreich, sogar eine Karte aus Villach war dabei, sagte Meyomesse in Fresach, wo er seine von Jürgen Strasser auf Deutsch übersetzten Gedichtbände „Blumen der Freiheit“, „Gedichte des Häftlings in Kondengui“ und „Darmstadt: Eine afrikanische Liebeserklärung“ vorgestellt hat. Meyomesse, der in den 80er Jahren in Strasbourg studierte und danach als Journalist für afrikanische und französische Zeitungen arbeitete, lebt seit Oktober 2015 auf Einladung der Stadt Darmstadt in Deutschland. In Kamerun könne er sich derzeit nicht sicher fühlen. Bis zuletzt hatte er Angst, ausreisen zu dürfen. Dennoch gibt er sich unbeugsam. Literatur und Politik seien seine zwei großen Leidenschaften, und das werde weiterhin so bleiben. Im Exil will er Wirtschaftskontakte und politische Beziehungen pflegen und dazu beitragen, dass Meinungsfreiheit und Demokratie endlich auch in Afrika Fuß fassen. Auswanderung keine Lösung Unverblümt und klar äußerte sich der „Löwe von Kamerun“ auch zu den aktuellen Flüchtlingsströmen aus Afrika in Richtung Europa. Dafür gibt es mehrere Gründe, die Überbevölkerung, fehlende Arbeit und grassierende Korruption. Anhand seines eigenen Landes veranschaulichte Meyomesse das Dilemma. Kamerun hatte zum Zeitpunkt seiner Unabhängigkeit 1960 rund drei Millionen Einwohner. Heute, 50 Jahre später, seien es 25 Millionen. Die besten Köpfe gehen weg, zurück bleiben jene, die den Status quo nicht verändern können oder ihre Macht nicht abgeben wollen. Und jene, die zurückkehren wie er, die etwas verändern wollen, werden verfolgt und ins Gefängnis geworfen. Das schafft Angst, Frustration und Konfliktpotenziale. Aber Meyomesse bleibt unbeugsam. Verändern können wir die Systeme nur selbst, wir müssen in Afrika bleiben und dort anfangen, für Demokratie und das Recht auf freie Meinungsäußerung zu kämpfen. Ohne Freiheit werde es keinen Frieden geben, ohne Veränderung der herrschenden Verhältnisse kein Ende des politischen und önomischen Exodus aus Afrika. „Auswanderung ist keine Lösung“, sagte Meyomesse und appellierte an die Länder Europas, Druck auf Afrikas Regime auszuüben, damit diese bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen schaffen. (ws) Der Videobeitrag von pressetext/BTV Mehr Fotos